Rolle der Medien in Tarifverhandlungen

Veröffentlicht am: 16. März 2023|Kategorien: HVSUEW, Überregional|

Die Johannes Gutenberg Universität Mainz hat sich in einer Befragung mit der Rolle der Medien in Tarifverhandlungen auseinandergesetzt.

Herausgestellt hat sich, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschiedlich auf die Rolle von Medien in Tarifverhandlungen blicken. Beide Seiten empfanden aber Medien weder als Chance noch als Risiko. Gut die Hälfte sah allerdings konkrete Einflüsse der Berichterstattung auf die Verhandlungen.

Wahrnehmung der medialen Kommunikation

In Bezug darauf, wie die befragten Verhandlungsexperten mediale Kommunikation wahrnahmen, lassen sich einige Unterschiede innerhalb der Branchen erkennen. Bei Verkehr- und Postdiensten, öffentlichen Einrichtungen der Erziehung und der Kunst, sowie Information/Kommunikation, Finanzen/Versicherungen und Immobilien, gab ein Drittel an, dass viel bis sehr viel in den Medien über ihre letzte Tarifrunde gesprochen wurde.
Im Kontrast dazu nahm die chemische Industrie, die Kunststoff- und Glasindustrie und die Papierindustrie sowie die Herstellung von Gebrauchs- und Konsumgütern (Nahrung, Textilien, Möbel) wenig Präsens wahr.
Lediglich 5 bis 10 Prozent haben den Eindruck, dass über sie viel bis sehr viel gesprochen wird. Dabei gehen 60 Prozent der befragten Gewerkschaften proaktiv auf Journalisten zu. Auf der Arbeitgeberseite sind es 45 Prozent.
Ihre Stellungnahmen werden dabei nur selten 1:1 übernommen.

Zeitaufwand: Verhandlungs- vs. Medienarbeit

Hinsichtlich dessen, wie viel Zeit die Befragten jeweils durchschnittlich in die Verhandlungs- und Medienarbeit investierten, ist festzuhalten, dass die Medienarbeit einen geringeren Stellenwert gegenüber der Verhandlungsarbeit einnimmt. Das ist auf der Arbeitgeberseite mit 85 Prozent Verhandlungsarbeit und 14 Prozent Medienarbeit ausgeprägter als auf der Arbeitnehmerseite mit 70 Prozent Verhandlungsarbeit und 24 Prozent Medienarbeit. Mit Medienarbeit war das Lesen des Pressespiegels, das Schreiben von Pressemitteilungen, das Planen von Medienstrategien oder Gespräche mit Journalisten gemeint.

Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
Vorbereitung steht im Fokus: Mehr als die Hälfte hatte bereits im Vorfeld der Tarifrunde die Medienresonanz im Blick. Bei 45 Prozent gab es innerhalb der
Organisation ein Medienmonitoring zur besseren Übersicht. Im Vergleich dazu gaben nur 29 Prozent an bei ihren Redebeiträgen, während der Verhandlungen, auch an die Resonanz in den Medien gedacht zu haben und nur 24 Prozent haben sich im Nachgang durch eine systematische Analyse mit ihrer Kommunikation auseinander gesetzt.

Rückblick auf die Kommunikationsarbeit

In der Bewertung der eigenen Kommunikationsaktivitäten gab der Großteil der Befragten an, nach eigener Einschätzung, insgesamt die Kontrolle darüber behalten zu haben, was aus den Verhandlungen nach außen getragen wurde.

Konsequenzen für die Verhandlung

Bezüglich des Einflusses der Medienöffentlichkeit auf die Tarifverhandlungen lässt sich sagen, dass 60 Prozent der Arbeitgeber eher keinen Einfluss auf den Ausgang der Verhandlungen sehen. Bei den Gewerkschaft sind es dagegen lediglich 40 Prozent. Mit ebenfalls 60 Prozent ist auch der Einfluss auf die Dauer der Entscheidungsprozesse laut den Befragten gering. Einen Einfluss auf die öffentliche Stimmung hingegen nahmen 36 Prozent auf Gewerkschaftsseite und 29 Prozent auf Arbeitgeberseite stark bis sehr stark wahr.

Die Aufmerksamkeit durch die Medien wurde bei Organisationen mit viel medialer Aufmerksamkeit in den meisten Fällen weder als Chance noch als Risiko empfunden. Unter denjenigen, die Stellung dazu nahmen, ergab sich ein gespaltenes Bild. 39 Prozent der Befragten auf der Arbeitgeberseite schätzen die Medien eher als ein Risiko für ihre Ziele ein und auf der Arbeitnehmerseite sind es 18 Prozent, die in den Medien eher ein Risiko sehen.

 

Quelle:

Quiring, O., Viehmann, C., Schaaf, M. (2023). Befragung von Gewerkschaften & Arbeitgebern zur Rolle von Medien in Tarifverhandlungen. Institut für Publizistik Johannes Gutenberg-Universität Mainz. https://projekt-tarifpolitik.uni-mainz.de/befunde-befragung/

 

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