Aufhebungsvertrag – Gebot fairen Verhandelns

Veröffentlicht am: 27. Dezember 2022|Kategorien: Urteile/Rechtsprechung|

Ein Aufhebungsvertrag kann unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen sein. Ob das der Fall ist, ist anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall stritten die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Im November 2019 führten der Geschäftsführer und sein Rechtsanwalt ein Gespräch mit der beschäftigten Klägerin. Sie erhoben den Vorwurf, die Klägerin habe unberechtigt Einkaufspreise in der EDV der Beklagten abgeändert bzw. reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Die Klägerin unterzeichnete den von der Beklagten vorbereiteten Aufhebungsvertrag. Dieser sah u.a. eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2019 vor.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30. November 2019 hinaus geltend. Sie behauptete, ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Damit habe die Beklagte gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Auch wenn der von der Klägerin geschilderte Gesprächsverlauf zu ihren Gunsten unterstellt wird, fehlt es an der Widerrechtlichkeit der behaupteten Drohung. Ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Februar 2022, AZ 6 AZR 333/21

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